Die Zusammenarbeit von medizinischen Fachpersonen mit der Industrie ist seit Langem etabliert. Sie liegt grundsätzlich im Interesse einer guten Gesundheitsversorgung und trägt zum medizinischen Fortschritt bei. Gleichzeitig kann sie zu Interessenkonflikten führen. Die SAMW-Richtlinien «Zusammenarbeit von medizinischen Fachpersonen mit der Industrie» (2022) beschreiben den adäquaten Umgang mit Interessenkonflikten und enthalten Leitlinien zu deren Reduzierung.
Bereits 2002 hat die SAMW erste Empfehlungen erarbeitet und später Richtlinien zum Thema veröffentlicht (2005 und 2013). Verschiedene juristische und gesellschaftliche Entwicklungen machten eine erneute Aktualisierung notwendig. Die revidierte Fassung wurde im August 2022 veröffentlicht.
Umfeld und Geltungsbereich
Die überarbeiteten Richtlinien tragen diversen Umfeldentwicklungen Rechnung, darunter neue Vorschriften im Umgang mit Heilmitteln in der Verordnung über Integrität und Transparenz (VITH), internationale Empfehlungen und die Aktualisierung des Kodex der Industrie. Zudem werden virtuelle Veranstaltungen, der Verkauf von Werbeflächen, die Vermietung von Standplätzen, Produkt- und Anwendungsschulungen geregelt und Themen wie Start-ups, Spin-offs und Lizenzvereinbarungen behandelt. Auch der Geltungsbereich der Richtlinien wurde erweitert: Sie richten sich nicht mehr ausschliesslich an Ärztinnen und Ärzte, sondern an weitere medizinische Fachpersonen.
Transparenz und neue Finanzierungsmodelle nötig
Aus Sicht der SAMW ist Transparenz unerlässlich, um die Glaubwürdigkeit von medizinischen Fachpersonen und das in sie gesetzte Vertrauen zu erhalten. Aus diesem Grund enthalten die Richtlinien die Empfehlung, Interessenbindungen und geldwerte Leistungen offenzulegen. Eine solche wünschenswerte Transparenz darf jedoch nicht dazu führen, dass einzelne medizinische Fachpersonen öffentlich angeprangert werden, weil Zahlen aus dem Kontext gelöst interpretiert werden.
Ärztinnen und Ärzte sind es gewohnt, dass ihre Fortbildung durch die Industrie gesponsert wird. Mehr noch: Weder Kantone noch Spitäler leisten auf strukturierte Weise einen finanziellen Beitrag daran – anders als bei Pflege- und anderen Gesundheitsberufen. Solange es keine anderen möglichen Geldquellen gibt, ist es umso bedenklicher, dass die Ärzteschaft wegen ihrer Verflechtung mit der Industrie angegriffen wird. Für eine neue und nachhaltige Lösung braucht es auch politische Unterstützung.
Zu guter Letzt ist festzuhalten, dass die Richtlinien nie für alle Einzelfälle Lösungen bieten können. Sie sind in der Praxis von allen Beteiligten im Sinne ihres Geistes nach bestem Wissen und Gewissen anzuwenden und einzuhalten.
Alle SAMW-Richtlinien finden Sie im Menü Publikationen.
Checkliste: SIWF-Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen
Nach der Aufnahme der Richtlinien «Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe mit der Industrie» in die Standesordnung der FMH wurde mit der Aktualisierung der SIWF-Checkliste für die Vergabe von Credits für Fortbildungsveranstaltungen ein weiterer wichtiger Schritt getan. Die gemeinsam vom Schweizerischen Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) und von der SAMW erarbeitete Checkliste enthält in zusammengefasster Form jene Elemente, die für Fortbildungsveranstaltungen relevant sind. Dazu gehören u. a. folgende Punkte:
- Im wissenschaftlichen Programmkomitee einer Weiter- und Fortbildungsveranstaltung sind überwiegend medizinische Fachpersonen vertreten.
- Erträge aus dem Verkauf von (virtuellen) Werbeflächen und der Vermietung von Standplätzen sowie Zeitfenster für Industriesymposien müssen im Veranstaltungsbudget pauschal ausgewiesen werden.
- Auf Anfrage werden Budget und Rechnung für Organisationen und Industrien offengelegt, die die Veranstaltung unterstützt haben.
Im Hinblick auf die Vergabe von Credits empfiehlt das SIWF den Fachgesellschaften und anerkannten Weiterbildungsinstituten, dass sie die SAMW-Checkliste befolgen.