Die Zahl der Personen, die ihre Krankenkassenprämie nicht bezahlen, steigt an. Dies führt zu einer finanziellen Belastung der Kantone, die gesetzlich verpflichtet sind, 85 Prozent der offenen Forderungen für medizinische Leistungen an die Krankenkassen zu bezahlen. Mit dem Ziel, die Zahlungsmoral von säumigen Versicherten zu verbessern, führen mehrere Kantone sogenannte «schwarze Listen». Hier erfahren Sie, weshalb diese aus ethischer Sicht abzulehnen sind.
Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (Art. 64a Abs. 7 KVG) ermöglicht den Kantonen sogenannte «schwarze Listen» zu führen. Einige Kantone setzen diese ein, um auf Zahlungsrückstände zu reagieren.
Die Zentrale Ethikkommission der SAMW (ZEK) hatte sich im Jahr 2020 in einer Stellungnahme für die Abschaffung von Leistungssperren wegen ausstehender Prämienzahlungen ausgesprochen.
Entgegen einer kurz darauf erfolgten Empfehlung des Bundesrates und trotz zahlreicher praktischer, ethischer und gesundheitspolitischer Bedenken, hat der Gesetzgeber bei der letzten Überarbeitung des KVG (2022) die Möglichkeit «schwarzer Listen» beibehalten. Er hat lediglich den Notfallbegriff im Gesetz definiert und kleine Modifikationen vorgenommen.
In Absprache mit der ZEK hat die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) deshalb beschlossen, den Voraussetzungen, Umständen, Zielen und Wirkungen von Art. 64a Abs. 7 KVG im Rahmen einer Stellungnahme vertieft nachzugehen. Zwei Mitglieder der ZEK haben als Delegierte an dieser Stellungnahme mitgearbeitet: PD Dr. med. Klaus Bally, Hausarztmedizin, und Prof. Dr. med. Julia Dratva, Public Health.
Die im Dezember 2023 von der NEK veröffentlichte Stellungnahme Nr. 42/2023 betont, dass die «schwarzen Listen» nicht grundsätzlich gegen das Völker- und Verfassungsrecht verstossen. Die NEK lehnt aber u. a. aus gerechtigkeits- und standesethischer Sicht ein Festhalten an den «schwarzen Listen» ab. Details finden Sie im Dokument und auf der Website der NEK.